Kapitel 18

Die echten Franziskaner

Eines der großen Erben des Pontifikats von Benedikt XVI. betrifft die Liturgie, welche das echte Herz der Kirche ist. Am 7. Juli 2007 hat Benedikt mit dem Motu Proprio Summorum Pontificum die Liberalisierung der traditionellen Messe dekretiert, welche nie abgeschafft wurde als außerordentliche Form des römischen Ritus. Beide Formen des Ritus könnten sich, wie er gesagt hat, gegenseitig bereichern. So hat Benedikt, nachdem Johannes Paul II. einen Weg geöffnet hat, versucht, das alles wieder aneinanderzuheften, um theologische Korrektive festzusetzen und um die Kraft, die in der Kirche steckt, für die ganze Menschheit gegen das Böse zu stärken.

Es war eine Angelegenheit, welcher sich Benedikt intensiv widmete und welche die Modernisten und Progressisten auf die Barrikaden gebracht hat, auch einen Teil der Bischöfe. Wir wissen ja, dass die Progressisten eine Idee von Toleranz haben, welche die Meinungsfreiheit nicht wirklich akzeptiert. Als Bergoglio aufgetaucht ist, hat man sich die Frage gestellt, ob er den Weg Benedikts fortsetzen oder unterbrechen würde.

Am 29. Juli 2013 ist Sandro Magister aufgefallen, dass jene Recht hatten, die eine Unterbrechung vorhergesagt haben, weil nämlich der Papst am 11.Juli ein Dekret erlassen hat, welches die Vatikanische Kongregation betrifft. Unterschrieben wurde das Dekret vom progressiven Kardinal aus Brasilien Braz de Aviz und vom Sekretär der Kongregation, Rodríguez Carballo, ein Bergoglioanhänger. Dies Dekret beinhaltet die Maßnahme, dass die Franziskaner der Immacolata unter kommissarische Verwaltung gestellt werden.

Der Gründer, Pater Stefano M. Manelli, ist von jeder Verantwortlichkeit enthoben worden. Jene Brüder, die Verantwortung innehatten, wurden in weit entlegene Orte entsandt, meistens ins Ausland. Das entsprechende Seminar ist geschlossen worden und es sind die Ordonanzen aufgehoben worden. Was der Kommissar nicht tun konnte, das war, jene Zeitschriften einstellen, die aus diesem Franziskaner-Immacolata-Kreis geschrieben wurden, weil sie von Laien geführt wurden. Er konnte aber verordnen, dass keine Geistlichen an diesen Zeitschriften mitwirken durften.

Das alles passierte ohne wirkliche Motivation, wenn nicht aufgrund der Kontroverse zwischen altem und neuem Ritus. Effektiv handelte es sich wohl um eine typische Bergoglio-Handlung. Zwar hat der Papst angekündigt, dass er nicht an der Liturgie von Benedikt XVI. antasten wolle. Mit einer solchen Maßnahme hat er aber in der Praxis das Gegenteil bewirkt. Und er hat es gemacht, indem er ein Symbol des Pontifikats Benedikts angefasst hat.

Vor allem hat diese Entscheidung jene orthodoxen Familien beängstigt, welche sich im Gebet und in der Askese in der Amtszeit von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. besonders hervorgetan haben, also jene religiöse Familien. Stattdessen sind jene in Triumph ausgeartet, die seit Jahrzehnten in einer Krise steckten, die sowohl doktrinär als auch disziplinär ist.

Diese harte Maßnahme gegen die Franziskaner der Immaculata steht im Kontrast zu den Maßnahmen, welche man in Bezug auf andere Gruppierungen gefasst hat, welche sich seit Jahrzehnten im Widerspruch zur Kirche befinden. So die Befreiungstheologie, welche im Vatikan rehabilitiert wurde mit dem Fall Migel D’Escoto Brockmann. Wer ist er? Er war Sohn des Botschafters von Nicaragua in den Vereinigten Staaten, ist 1961 Priester geworden und im Oktober 1977 hat er sich für die Sandinistische Nationale Befreiungsfront ausgesprochen, welches eine marxistische revolutionäre Gruppe war, die 1979 in Nicaragua die Macht übernommen hat. D’Escoto wurde Außenminister in der Sandinistischen Regierung von 1979 bis 1990. Als dies passiert ist, hat Johannes Paul II. diesen Priestern, die zusammen mit D’Escoto in die Regierung eingetreten sind, eine Ermahnung erteilt, weil es nicht gestattet ist, dass Geistliche in Regierungen eintreten, Politik betreiben, abgesehen davon, dass es sich um eine marxistische Politik handelte. D’Escoto hat hart reagiert und so wurde er 1984 von Johannes Paul II. enthoben. Auch nach dem Verlust der Regierungstätigkeit der Sandinisten hat D’Escoto Politik betrieben. 2008 war er sogar Präsident der Generalversammlung der Vereinten Nationen.

2014, als Bergoglio Papst geworden ist, hat der Betroffene D’Escoto einen Brief an Bergoglio geschrieben und nachgefragt, ob eine Aufhebung dieser Suspendierung möglich ist. Am 1. August hat das Papsttum die Suspendierung aufgehoben, weil die Zeiten sich geändert haben, die Kontexte und auch das die Personen des D’Escoto angeblich verändert habe. Weil der Betroffene verstanden hat, dass er gefehlt habe und dass sein Wandel wahrhaft ist. Inwiefern er sich wirklich gewandelt hat, sieht man in einem Artikel, der am 5. August erschienen ist und welcher sich auf eine TV-Sendung bezieht, in welcher D’Escoto Stellung bezogen hat. Titel des Artikels war „D’Escoto: Fiedel Castro wurde von Gott gewählt“. Darin behauptet dieser: Der Vatikan kann die ganze Welt zum Schweigen bringen. Dann wird Gott bewirken, dass die Steine sprechen und dass diese die Nachrichten überbringen. Gott hat das nicht gemacht. Er hat aber den größten Südamerikaner aller Zeiten ausgewählt, nämlich Fiedel Castro. Im Artikel steht auch, dass D’Escoto ein Berater ist des Ministerpräsidenten von Nicaragua, des Sandinisten Daniel Ortega. Man muss sich fragen, ob er nicht die Politik angeblich verlassen hat. D’Escoto sagt weiter: „Durch Fidel Castro hat der Heilige Geist uns eine Nachricht übermittelt, nämlich die Nachricht, um zu kämpfen für ein Reich Gottes auf der Erde, welches seine Alternative ist zu dieser Macht.“

Sicher, D’Escoto ist eine famose Persönlichkeit, eine wichtige Persönlichkeit. Er hat wichtige Bekanntschaften, auch in der Kurie und er ist in den internationalen Salons bekannt. Nicht zufällig wurde erst kürzlich ein Film über ihn veröffentlicht.

Hingegen hat Pater Stefano Manelli ein bescheidenes Leben geführt, in Armut und Stille, weit weg von den internationalen Salons. Auch er hat als Sohn, als geistiger Sohn von Pater Pio und als Gründer der Franziskaner der Immaculata einen Brief geschrieben, wo er ausschließlich nachfragt, ob er mit dem Papst über die Vorfälle diskutieren kann. Dieser hat aber keine Beachtung gefunden.

Die beiden Fälle sind exemplarisch. Pater Manelli hat der Kirche nicht widersprochen wie D’Escoto. Er hat auch nicht mit einer Ideologie geflirtet, die antichristlich ist. Er hat nicht Politik betrieben und er hat auch nicht sich kommunistischen Tyrannen wie Fidel Castro angeschlossen. Er hat sein Leben gelebt mit viel Gebeten und Zurückhaltung. Und sein Wirken hat sehr viele Jugendliche beeindruckt, die sich den Franziskanern der Immaculata anschließen wollten in den Gebeten.

Pater Manelli hat auch die Maßnahmen, die nach dem Pontifikat von Bergoglio getroffen worden sind, diese in Stille hingenommen. Er wollte nur mit dem Papst über die Vorfälle sprechen, um zu erfahren, welche die Vorwürfe waren. Aber Bergoglio hatte keine Zeit, ihn zu empfangen. Er hat keine Zeit, mit solchen Geistlichen zu sprechen. Er spricht lieber mit Eugenio Scalferi, der dann Loblieder in der Repubblica veröffentlicht. Man sagt, die Entscheidung mit den Franziskanern der Immacolata habe große Auswirkungen auf die Kirche.

Im September 2013 hat die Professorin Leucretia Rego de Planas ihren berühmten Brief geschrieben, in welchem sie sagt: „Mich hat es getroffen, und zwar entsetzlich getroffen, als ich sehen musste, wie die Pater der Franziskaner der Immacolata behandelt und bestraft wurden, weil sie die Heilige Messe im alten Ritus gefeiert haben, was von deinem Vorgänger, Benedikt XVI., gewährt worden ist. Und diese Bestrafung bedeutet, dass man gegen die Entscheidungen handelt, welche die Vorgänger der Päpste getroffen haben.“

Auch Magister hat im Juli 2013, als die Entscheidung gefallen ist, geschrieben, dass diese Treuen der Tradition immer in Respekt der Kirche gehandelt haben und dass sie sowohl den alten als auch den modernen Ritus betrieben haben, wie es auch andere religiöse Gemeinschaften tun, und indem sie ausschließlich jene Maßnahmen umgesetzt haben, welche Benedikt, XVI. getroffen hatte.

Magister aber schreibt folgendes: „Was am meisten überrascht, sind die letzten 5 Zeilen des Dekrets vom 11. Juli. Jeder Religiöse dieses Franziskanerordens der Immacolata muss den modernen Ritus befolgen und betreiben, und sollte er die außergewöhnliche Form des alten Ritus ausführen wollen, dann muss das auf jeden Fall autorisiert werden und zwar explizit.“ Das alles, so Magister, widerspricht wesentlich den Vorkehrungen Benedikts.

Es wird offensichtlich, dass man hier versucht hat, eine wesentliche Säule des Pontifikat Benedikts aus der Welt zu schaffen, ohne öffentlich darüber zu sprechen.

Ich selbst habe gerade durch diese Entscheidung mein Befürworten von Bergoglio in Frage gestellt. Ich habe deshalb am 05. Januar 2014 in der Zeitung Libero einen Artikel geschrieben, wo ich meine Meinung kundgetan habe.

„Weißt der Papst das, was er in Bezug auf die Franziskaner der Immacolata tut? Einige Tage vorher hat der Papst noch gesagt, dass man das Evangelium nicht verkündet, indem man mit Stöcken schlägt, sondern indem man Liebe und Freundlichkeit verbreitet. Trotzdem wurde auf die Franziskaner der Immacolata ein Gewitter von Stockschlägen angesetzt.

Eigentlich müsste das Leben der Franziskaner der Immacolata als Beispiel für andere religiöse Orden verwendet werden. Sie leben radikal in Armut. Sie leben ein Leben, welches stark asketisch ist. Sie betreiben viele karitative Werke. Sie sind Missionare und Diener der Kirche. Wieso so viel Härte gegenüber Treuen, welche ein großes Beispiel eines religiösen und spirituellen Lebens führen? Wieso hat man nicht ähnliche Maßnahmen ergriffen bei Theologen und Religiösen, welche in starken Gegensatz zur Kirche und ihrer Doktrin aufgetreten sind?

Auch die Jesuiten waren, wie Bergoglio weiß, vielfach dem Gewitter ausgesetzt. Und einige ihrer Anhänger haben theologische Konfusion gestiftet. Es sind aber nie ähnliche Maßnahmen ergriffen worden wie gegen die Franziskaner der Immacolata.

Wenn man die Statistiken anschaut, dann sieht man, dass von 1965 – 2005 die Mitglieder der Jesuiten um 45% gesunken sind, der Salesianer um 24%, der Franziskaner um 41%, der Kapuziner um 29%, der Benediktiner um 25% und der Dominikaner um 39%. Die Franziskaner der Immacolata haben hingegen viel Zuspruch erfahren. 1990 von der Kirche anerkannt mit einem Dekret des Papstes von 1998 sind es heute ca. 400 Brüder in 55 Häuser in der Welt. Und ca. gleich viele Nonnen in 47 Häusern auf der Welt. Auch die Berufungen sind in einem großen Wachstum.“

Den Artikel habe ich geschlossen durch eine Erinnerung an Padre Pio, dem auch sehr harte Maßnahmen widerfahren sind. Diese wurden aber als unrechtens eingestuft. Die Rehabilitierung wurde von Paul, VI. gewollt und von Papst Johannes Paul, II. umgesetzt.

Hat sich jener Regierungsstil, welcher Bergoglio in Bezug auf seine Jugend selbst als autoritär und personalistisch bezeichnet hat, jetzt wiederholt und fortgesetzt? Vielfach hat er auch im Nachhinein Fehler in seiner eigenen Zeit als Kardinal eingeräumt. Wo bleibt Verständnis und Gerechtigkeit in Bezug auf die Franziskaner der Immacolata?

Es besteht der Verdacht, dass diese Franziskaner deswegen zum Ziel geworden sind, weil sie ein Kreis sind, welcher sich den modernistischen und progressistischen Kreisen und Tendenzen widersetzt hat. Und in diesen Kreisen ist auch ist auch eine kritische Revision in Bezug auf den Gedanken von Karl Rahner entsprungen. Zudem sind diese Maßnahmen gegen die Franziskaner der Immacolata von Geistlichen unterzeichnet worden, die selbst Phasen in der Befreiungstheologie gehabt haben, wie der brasilianische Kardinal João Braz de Aviz, welcher in der Kongregation sitzt und die kommissarische Verwaltung entschieden hat.

Der brasilianische Kardinal hat in einem Interview behauptet, dass er der Meinung ist, dass die Befreiungstheologie wichtige Impulse für die Kirche geschafft habe, wenn auch Papst Johannes Paul, II. und auch Benedikt, XVI. die Befreiungstheologie verurteilt haben. Fakt ist wohl auch, dass, wenn die Franziskaner der Immacolata Anhänger gewesen wären von Rahner, Küng oder der Befreiungstheologie, dann wäre ihr Fall sicher in den Medien groß protestiert worden. Weil sie aber Anhänger der Kirche sind, gibt es niemanden, der sie verteidigt. Diese progressistischen Kreise sprechen und diskutieren mit jedem, nur nicht mit den traditionellen Kreisen in der Kirche selbst, welche immer treu waren zur Kirche.

In einem Artikel habe ich Folgendes behauptet:

„Als der Kardinal Braz de Aviz Erzbischof von Brasilien war, war er einer der Berichter im Forum Espiritual Mundial mit dem Ex-Pater Leonardo Boff, mit Nestor Masotti, Präsident der spirituellen Brasilianischen Föderation, Ricardo Lindemann, Präsident der theosophischen Gesellschaft in Brasilien, und mit Helio Pereira Leite, Großmeister des großen Orients.“

Der Inhalt dieses Forums war es, die Verschiedenartigkeit zu schätzen, um eine planetarische Solidarität zu bewerkstelligen. Nur was ist mit der Verschiedenartigkeit der Franziskaner der Immacolata? Wird diese nicht geschätzt? Geht es diesem brasilianischen Kardinal nur darum, die Verschiedenartigkeit der Feinde der Kirche zu schätzen?

Als der Kardinal Braz de Avis dann der Vorsitzende der Kongregation wurde, hat er gleich schon den Dialog gesucht mit jenen progressistischen religiösen Kreisen in den Vereinigten Staaten, welche für Benedikt XVI. immer eine harte Nuss waren. Braz hat dazu gesagt „Wir haben versucht, zuzuhören ohne jemanden vorzuverurteilen.“

Vor Kurzem hat in der Zeitung Vatican Insider gelesen, dass in Italien die Zahl der Pater und der Nonnen im Abnehmen ist. Und gleichzeitig bestraft Bergoglio jenen Orden, welcher ständig größer wird.

So hat Kardinal Braz de Avis im Mai 2014 sich auch mit den Nonnen der Franziskaner der Immacolata befasst und auch dort eine Beobachterin nominiert. Und gerade hier gab es eigentlich keine Präzedenzfälle, keine Vorfälle, die eine solche Maßnahme gerechtfertigt hätten.

Kardinal Braz de Avid hat dann auch am 29. April 2014 an alle klösterlichen Gemeinschaften einen Brief von drei Seiten geschickt, in welchem er informiert, dass der Papst die Intention hat, das klösterliche Leben in bestimmten Gelegenheiten zu revisionieren.

Unter den Klöstern hat dieser Brief eine Beunruhigung verbreitet. Die Klosterklausur ist eines der heiligsten Orte, die es gibt in der Kirche, weil sie ein Ort ist, wo das Böse so weit wie sonst nirgends entfernt ist. Will man auch hier eine Modernisierung durchführen, genauso wie bei den Franziskanern Immaculata?

In Bezug auf diese Vorfälle fällt einem ein Text von Léon Bloy:

„Um auf dieser Welt viel Deprimierendes zu beseitigen, reichen die Gesichter von 10 Nonnen oder das Gesicht einer spanischen Bäuerin, welche sich in einer kleinen Kirche in Toledo zum Gebet aufhält, die aufrecht ist wie eine Königin im Moment des Gebetes. Aber muss man in einsamen Klöstern oder in einsamen kastillianischen Kapellen jenes Feuer suchen, welches die Welt entzünden sollte?“