Antonio Socci und das Motu Proprio

Antonio Socci hat in LoStraniero seine Analyse zu den Motu Proprio unter die Überschrift gestellt:

"Katholische Scheidung" — ist ein Schisma möglich?"

12. September 2015

Antonio Socci ist ein katholischer Journalist und Direktor der Hochschule für Fernsehjournalismus in Perugia

 http://www.antoniosocci.com/dopo-2000-anni-il-divorzio-viene-imposto-nella-chiesa-e-lo-scisma-si-fa-piu-incombente/#more-3931

"NACH 2000 JAHREN WIRD DIE SCHEIDUNG IN DER KIRCHE DURCHGESETZT.

UND ES DROHT DAS SCHISMA,"

"Newsweek hat Bergoglio mit diesem Titel "Ist der Papst katholisch?" auf sein Titelblatt gesetzt.

Untertitel. "Ja sicher, aber das würde man, nach dem, was man in der Presse liest, nicht sagen"

Ja, die Frage ist legitim, alldieweil der argentinische Papst in einer Moschee beten geht und in einem Interview mit E. Scalfari erklärt, daß es "keinen katholischen Gott gibt".

Im Inneren der Kirche ist die Unruhe nach dem 8. September gewachsen.

Tatsächlich haben wir jetzt mit den beiden Motu proprio zur Nichtigkeitserklärung der Ehe einen offiziellen Akt des Lehramtes Bergoglios, der nach Ansicht von Fachleuten, aus der Zweideutigkeit heraustritt, indem er eine Art "katholische Scheidung" einführt.

Das würde die Leugnung des Gebotes Christi über die Unauflöslichkeit der Ehe bedeuten und die Annullierung von 2000 Jahren kirchlichen Lehramtes.

Um die Bedeutung der Frage zu verstehen, genügt es, zu sagen, daß die Kirche das schwere Schisma des 15. Jahrhunderts und das anglikanische Schisma mit dem Verlust ganz Englands ertragen hat, allein aus dem Grund, daß der Papst eine Scheidung nicht anerkannte, die von König Heinrichs VIII, die auf einer Nichtigkeitserklärung der ersten Ehe beruhte.

Könnte das Motu-Proprio Bergolgios zu einem neuen Schisma führen?

Vielleicht.

Darüber macht man sich seit dem 8. September, nachdem Kardinal G.L.Müller, der Chef des Ex- Sant´Uffizio persönlich schon vor einigen Tagen darüber gesprochen hat, noch mehr Gedanken.

Man hat in der Casa Santa Marta in den letzten Tagen schon sehr laute Streitereien zwischen einigen wichtigen Kardinälen gehört.

Und die Synode kündigt sich explosiv an.

Bergoglio hat - trotz der Kollegialität, die er mit Worten beschwört - alles zu diesem Thema bereits vor der Synode entschieden. Und zwar nicht, um das in die Tat umzusetzen, um was die Bischöfe im Oktober 2014 gebeten hatten, weil die Kommission, die die Motu Proprio redigiert hat, von ihm mit diesem Mandat bereits am 27. August 2014 gebildet worden war.

Zur Praxis: warum wird vom katholischen Standpunkt aus das Motu Proprio bestritten werden ?

 

MILLIONEN VON UNGÜLTIGKEITEN

"Insgesamt" - erklärt Professor Roberto De Mattei - "geht die Gesamtheit der Reformen ( offensichtlich eine Vereinfachung und Beschleunigung) in die entgegengesetzte Richtung zu der, die die Kirche seit jeher gegangen ist."

Es ist die totale Umkehr der Perspektive: Priorität hat nicht mehr die Verteidigung des Sakramentes (für das Seelenheil), sondern die Leichtigkeit und Geschwindigkeit, die Ungültigkeit zu erreichen. Da genügt es an die Abschaffung des doppelten Urteils zu denken.

De Mattei schreibt:

"Kardinal Burke erinnert daran, daß es diesbezüglich eine katastrophale Erfahrung gibt. In den USA waren von Juli 1971 bis November 1983 die "vorläufigen Normen" in Kraft, die das obligatorische zweite, konforme Urteil abschafften. Ergebnis war, daß die Bischofskonferenz keinen einzigen der Hunderttausende Anträge auf Dispens ablehnte und der Prozess in der öffentlichen Wahrnehmung "Katholische Scheidung" genannt wurde."

Auf der anderen Seite hat Msgr. Pinto, Doyen der Rota Romana und Präsident der Kommission, die diesem Motu proprio auf die Welt geholfen hat, das Ziel dieser Reform ganz offen erklärt.

Er schreibt im Osservatore Romano: "daß der Papst von den Bischöfen eine wahrhaftige Umkehr verlangt und einen Mentalitätswechsel, der sie dazu bringt, dem Appell Christi zu folgen."

Nach Msgr. Pinto ist die Einladung Christi in ihrem Bruder, dem Bischof von Rom, präsent und es werde sich darum handeln, eine überschaubare Zahl von einigen Tausend Nichtigkeitserklärungen am Unglück derer zu messen, die eine Nichtigkeitserklärung bekommen könnten."

Man hat nie gehört, daß Christus von einer angemessenen Anzahl von Nichtigkeitserklärungen gesprochen hat-. Aber zur Zeit ist es klar, daß das Ziel des Motu Proprio eine Massenscheidung ist, gratis, und noch schneller und leichter als die, die der Staat plant.

Bis hierher - bis zu Benedikt XVI - sind die Kirchengerichte von den Päpsten getadelt worden, weil sie bei den Nichtigkeitserklärungen zu nachsichtig waren. Mit Bergoglio ist alles umgekehrt und sie werden aus dem entgegengesetzten Grund angegriffen: man will aus ihnen Massen-Annullierungsfabriken machen.

Alessandra Moretti, Europaabgeordnete der italienischen Sozialisten, hat Recht, wenn sie triumphierend verkündet, daß die "historische Reform" des Papstes "das Gesetz zur schnellen Scheidung, das ich in der Kammer eingebracht habe, imitiert hat" und sie unterstreicht die gemeinsame Vision der Kirche und des Staates in dieser Frage.

Aber da ist noch mehr.

 

SCHEIDUNG

Mit diesem Motu Proprio ergeben sich - ohne jede lehramtliche oder theologische Basis - neue Nichtigkeitsgründe, die die Rolle der Kirche selbst in Frage stellen können: es ist nicht mehr sie, die die ursprüngliche Ungültigkeit des Ehesakramentes vor den Augen Gottes verifizieren muß, sondern sie läuft Gefahr, Teil einer Ehe-Auflösungseinheit für sakramental gültige Ehen aus heute erfundenen Gründen zu werden.

Und in der Tat schreibt De Mattei : Die Theoretische Beteuerung der Unauflöslichkeit der Ehe wird in der Praxis vom Recht auf Nichtigkeitserklärung aus jedem Grunde des Scheiterns begleitet.

Es wir genügen, im eigenen Bewußtsein, die eigene Ehe für ungültig zu halten, um sie von der Kirche als nichtig anerkennen zu lassen."

Sprengstoff enthält besonders Artikel 14 der Prozessregeln, in denen das "Fehlen des Glaubens" der zu Vermählenden als möglicher Grund einer Vorgeblichkeit oder des Irrtums des Konsenses angesprochen wird.

Bis heute war die Abwesenheit des Glaubens als Ungültigkeitsgrund von der Kirche immer ausgeschlossen worden, die sich darauf beschränkt, die natürliche Ehe zu einem Sakrament zu erheben.

Erklärte Benedikt XVI: "Der unauflösliche Bund zwischen Mann und Frau braucht für die Sakramentalität nicht den persönlichen Glauben der Heiratenden, das, was als Minimalbedingung erforderlich ist, ist der Vorsatz, das zu tun, was die Kirche tut."

Das ist der Vorsatz, zu heiraten.

Soviel ist wahr: die Kirche erkennt als sakramentale Ehe auch konfessionelle Mischehen an, mit einem atheistischen oder einer anderen Religion angehörenden Partner: es genügt, die natürliche Ehe zu wollen.

Jetzt ändert sich alles. Und im üblichen Bergoglio-Stil werden zweideutige Formulierungen gebraucht, um die katholische Welt glauben zu lassen, daß die Lehre nicht geändert wird.

So am 9. September in "Avvenire", wo der Kanoniker Paolo Moneta behauptete, "daß das Fehlen des Glaubens vorher kein Nichtigkeitsgrund war und es heute auch nicht ist."

Aber zur selben Stunde präsentierte Msgr. Pinto das Motu Proprio, lobpries die "Neuigkeit des Pontifikates von Franziskus" und sprach vom "ohne Glauben gefeierten Sakrament, das zu einer unermeßlichen Zahl ungültiger Ehe aus Gründen des sichtlich fehlenden Glaubens als Brücke für einen gültigen Willen, die Ehe zu schließen, führen werde."

Das also öffnet die Straße für Millionen von Ungültigkeitserklärungen. Millionen!

Aber seit wann muß man, um gültig verheiratet zu sein, heilig sein oder eine theologischen Grad an der Gregoriana erworben haben?

Die Kirche hat - um eine Ehe als gültig anzuerkennen - immer nur die freie Entscheidung, eine natürliche Ehe einzugehen, gefordert.

Sie hat immer gelehrt, daß die geistige Disposition der Eheleute (und ihre Heiligkeit) für die Früchte der Sakramente entscheidend ist, nicht für die Gültigkeit.

Jetzt ändert sich alles.

Und zu den Umständen, die die Möglichkeit zur ultraschnellen Scheidung eröffnen, ist auch die "Kürze des ehelichen Zusammenlebens" oder die Tatsache, daß zwei Verlobte geheiratet haben, weil die Frau unvorhergesehen schwanger wurde, gekommen. Und was hat das mit der Zustimmung zur Ehe zu tun?

Diese unglaubliche Auswahl endet mit einem "etc".

Das soll heißen, daß man noch nach Belieben etwas hinzufügen kann? Was für eine Rechtsprechung ist das?

Es wird eine schwächere Partei geben (die Frauen und die Kinder), die die Zeche dieser Revolution bezahlen muß, die die Familien destabilisiert, unter dem schwerwiegenden Angriff der modernen Kultur.

Suor Lucia, die Seherin von Fatima, sagte eines Tages zu Kardinal Caffarra "Pater, es wird der Augenblick kommen, in dem sich die Schlacht zwischen Satan und Christus entscheidet und es wird um die Ehe und die Familie gehen."

Da sind wir schon.

Wenn die Zeit des "weiß gekleideten Bischofs" gekommen ist, wird es für alle schmerzhaft (erinnern Sie sich an die Stadt in Trümmern?)

A. Socci