8. Mein Leiden dauert an

Wie weit entfernt sind jene von der Wahrheit — und es sind nicht wenige — die an das Geheimnis meiner Menschwerdung, meines Leidens, meines Todes und meiner Auferstehung wie an ein im Lauf der Jahrhunderte versunkenes Geschehen denken!

Wie weit entfernt von der Wahrheit sind auch jene, die an mich denken als den im Himmel Verherrlichten, der am menschlichen Geschehen nicht interessiert ist! Das sind Verirrungen eines schwachen, kranken und von Unkenntnis angesteckten Glaubens.

Ein Christ muß von meiner Gegenwart im Himmel wie auf der Erde wissen. Christen müssen sich bewt sein, daß ich auf Erden bin bis zur Vollendung der Zeiten. Kein Geschehen bei den einzelnen Menschen oder Völkern, seien sie klein oder groß, kann meinem erbarmungsvollen Herzen fremd sein. Ich wäre nicht Gott, wenn es nicht so wäre!

Christen müssen ebenfalls wissen, daß ich, auch wenn ich physisch nicht mehr leiden kann, im Geist äußerst betrübt bin über die Kälte und Undankbarkeit, den Verrat und die schrecklichen Gotteslästerungen, die mich unaufhörlich beleidigen.

Die Judas-Seelen haben sich ungeheuer vervielfacht. Die Liebe findet kein Echo mehr und wird oft mit Feindseligkeit und Beleidigungen aller Art vergolten, ein Leiden, das die Menschen in ihrer Herzenshärte nicht verstehen können.

Wie weit entfernt sind jene Menschen von der Wirklichkeit, die eine so vernebelte Schau vom Geheimnis der Erlösung haben. Das Kreuz ist ein wirkliches Geheimnis, das in seiner schrecklichen, wenn auch unblutigen Grausamkeit weiterdauert. Mein Blut fließt wahrhaftig weiter für die Vergebung eurer Sünden. Mein Leib wird wahrhaftig als Speise gegeben zur Nahrung eurer Seelen. Ich bin wirklich das meinem Vater dargebrachte Opfer, und in mir, dem ttlichen Opfer, begegnen und versöhnen sich in unendliche Liebe Gottheit und Menschheit.

 

Hier ist der allmächtige Gott

Mein Sohn, wenn meine Priester wenigstens die feste, unverrückbare Überzeugung tten, daß ich, der Sohn Gottes, wahrer Gott und wahrer Mensch, der Begegnungspunkt der sündigen Menschheit mit meinem himmlischen Vater bin, daß ich stets mit euch bin, mitten unter euch, Tag und Nacht im Zustand des Opfers.

Wären sie wenigstens überzeugt, wenn sie mich zwischen die kleinen Wände des Tabernakels einschließen, daß ich auch da der allmächtige Gott bin, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der Erlöser und Heiland, dann könnten sie den Pulsschlag der Liebe für mich empfinden. Aber für solche Überlegungen ist kein Platz in ihrem Geist.

Sie haben meine Wege, meine Pfade verlassen, sie haben keine Zeit, mich in meiner bescheidenen Wohnung zu besuchen. Nur ein lebendiger, wirklicher, von Stunde zu Stunde in beständiger Hingabe gelebter Glaube vermag in meiner Kirche einen läuternden Brand zu entfachen und die ttliche Barmherzigkeit zu besänftigen sowie den Verlust der ins Verderben eilenden Seelen aufzuhalten.

Welch eine schreckenerregende Verantwortung für meine Priester, die die Möglichkeit und die wirksamen Mittel besitzen, um mit mir für das Heil der Seelen zusammenzuarbeiten, aber wie viele interessieren sich nicht mehr dafür.

 

Vertrauen in den Arzt

«Was tun, Herr, denn wir Priester müssen in uns selbst gehen? Wir müssen aus der Dunkelheit heraus, die uns umgibt, uns loslösen aus der Gleichgültigkeit, in die wir versunken sind. Wir müssen uns selbst helfen, aus der Krise herauszukommen, in der wir uns befinden

Ihr müßt euch in aller Demut vom Bösen überzeugen, an dem ihr leidet. Kein Kranker, der sein Übel nicht kennt, kann das Bedürfnis haben, geheilt zu werden.

Der Kranke muß volles Vertrauen in den ihn behandelnden Arzt setzen, um rasch geheilt zu werden.

Keiner meiner vielen, von der Glaubenskrise befallenen Priester, der von seinem Übel nicht überzeugt ist, wird das Bedürfnis haben, sich geistig heilen zu lassen.

Keiner meiner in der Krise des innerlichen Lebens steckenden Priester, der kein Vertrauen in mich, den Arzt der Seelen, hat, der ich in meinem Stellvertreter gegenwärtig bin, wird die Kraft finden, sich aufzuraffen.

Ich habe durch meinen Stellvertreter Anspielungen über die Ansteckung gemacht, an der der Klerus dieses materialistischen Zeitalters leidet und die Ursachen und die Heilmittel dafür klar genannt. Aber wer hat meine Worte ernst genommen?

Abgesehen davon: Bin ich nicht der Weg, die Wahrheit und das Leben?

Habe ich nicht klar gesagt: Wer mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf sich und verleugne sich selbst? Ist dies nicht eine überaus klare Weisung für alle Menschen, im besonderen für meine Priester?

Ja, mein Sohn, hier ist der Schlüssel und die Lösung für alle aus der Glaubenskrise stammenden Probleme: innere und äußere Abtötung.

Welcher Gegensatz zu dem Leben, das man führt: Kino, Fernsehen, Autofahrten, ohne irgendwelche pastorale Begründung, eifrige, doch unfruchtbare Geschäftigkeit, wenig Bereitschaft und Neigung zum Gebet!

Von da aus ist der Schritt zur inneren und äußeren Auflehnung gering. In dieser Anarchie verglimmen die letzten Funken des Glaubens, und das Leben wird völlig von der heidnischen Zivilisation dieser Zeit geprägt.

Legt ohne Zögern die Axt an die Wurzeln, schlagt ab, was entfernt werden m, und ihr werdet in meinem erbarmungsvollen Herzen alle Mittel finden für den steilen, aber gangbaren Weg der Tugend.

Ich segne dich, mein Sohn. Liebe mich! 30. September 1975